Zwischen Ästhetik und Alarm – Blick auf „A23a – The World’s Largest Iceberg“ zeigt die von Judith Sturm kuratierte Ausstellung vom 1. bis zum 15. August 2025 in der Galerie HMH in Port Andratx, Mallorca. Diese Galerie wird in diesem August zum Schauplatz einer ungewöhnlichen und bewegenden Ausstellung: „Mail Art Open Call N°1 – A23a“. Diese Initiative ist nicht nur ästhetisches Experiment, sondern vielmehr ein poetisch-politisches Statement zur Klimakrise.
Wie spricht ein Eisberg? Und was sagt er uns über die Welt, in der wir leben?
Die Ausstellung Speaking Icebergish ist kein klassisches Kunstereignis. Sie ist ein globaler Resonanzkörper, eine begehbare Metapher für Wandel und Zerbrechlichkeit, verdichtet in der Form eines Eisbergs – A23A – dem größten seiner Art. Mit über 400 künstlerischen Papierarbeiten aus 36 Ländern versammelt sich hier eine stumme, doch eindrucksvolle polyphone Stimme zur Klimakrise.
Was als Open Call für Mail Art begann, hat sich zu einem internationalen Dialog über Verlust, Hoffnung und kollektive Verantwortung entwickelt. Jedes gleichseitige Dreieck, jede Zeichnung, Collage oder poetische Notiz ist ein Fragment dieses neuen Vokabulars der Empathie.
Ein Paket aus dem Iran, mit über 150 Arbeiten – viele von Kindern – bringt die Reichweite dieser Initiative besonders zum Ausdruck. Es zeigt: Kunst hat keine Grenzen. Sie überwindet sie, auch unter schwierigsten Bedingungen. Flankiert von großformatigen Ölmalereien von Rolf Ohst und Eislandschaften des »Wüstenmalers« Carsten Westphal, spannt die Ausstellung ein ästhetisches Feld zwischen frostiger Monumentalität und filigranen Botschaften auf Papier.
Die Spitze der Eisberg-Pyramide – kuratiert aus den beeindruckendsten Einsendungen – erzählt von poetischem Minimalismus, verspielter Ironie und tiefgreifender Symbolik. Besonders hervorzuheben sind Arbeiten wie Sad Fairy of Iceberg A23A von Maxima Maria Kinsky. Es zeigt eine zarte Eisbergfee, die den Wandel des Klimas wie einen inneren Zustand verkörpert. Ihre melancholische Erscheinung macht den Verlust der Gletscher auf poetische Weise spürbar. Besondere Bedeutung kommt auch dem Werk Speaking Icebergish? des polnischen Duos Czeszre (Wojciech Czeronko, Piotr Szreniawski) zu, das die Idee zum Ausstellungstitel inspirierte.
Der Beitrag der indischen Künstlerin Jeeja Yuvraj Navghare ist, wie der Eisberg inoch immer unterwegs und wird wohlmöglich zur erst zur Ausstellungseröffnung hinzugefügt. Mit kalligrafischer Schrift in einer fiktiven Sprache stellt die Arbeit die Frage, wie ein Eisberg heute noch spricht – und ob wir ihn überhaupt noch verstehen wollen. In tiefem Ultramarin fängt die konkrete Künstlerin Maks Dannecker in ihrer Fotoarbeit Ohne Titel das stille Zusammentreffen von Süß- und Salzwasser – von Eis und Ozean – als reine Farberscheinung ein. Mit feiner Ironie reagiert Anne Weigert in ihrer Arbeit Save the Bears auf die symbolische Aufladung von Eisbären in der Klimadebatte. Ihre Darstellung erinnert an Gummibärchen – ein humorvoller und gleichzeitig kritischer Kommentar zur Emotionalisierung und Vermarktung ökologischer Symbole. Ein besonders berührender Beitrag kommt von Abdolreza Rabeti. Seine Arbeit Human and Environment zeigt graue Silhouetten in Form eines Eisbergs, überragt von zarten roten Blütenranken – ein stilles Bild über Verletzlichkeit und Hoffnung. Die Arbeit All Good Words von Lars Schumacher wiederum erzählt vom Zerfall sprachlicher und gesellschaftlicher Ordnungen. Bröckelnde Textfragmente driften wie Eisschollen – ein poetischer Abgesang auf Worte, die im Schmelzen ihren Halt verlieren.
Die Ausstellung ist nicht als Einzelereignis geplant. Im September wandert der Eisberg weiter nach Frankreich – in das Château de Monboucher, die französische Dependance der Galerie HMH in der Dordogne. Diese Ausstellung will kein Urteil fällen. Sie lädt ein – zum Lauschen, Schauen und Nachdenken. Denn wenn Eis schmilzt, kann Kunst sprechen. Und manchmal spricht sie in einer Sprache, die wir erst noch lernen müssen.
Die Form findet ihr Thema
Die Künstler:innen wurden gebeten, Werke in Form gleichseitiger Dreiecke einzusenden – ein formatästhetischer Kniff, der nicht nur die geometrische Eleganz von Eisstrukturen evoziert, sondern auch das kollektive Zusammenfügen der einzelnen Beiträge zur symbolischen Skulptur „A23a“ ermöglicht. Hier findet die Kunst eine physische Entsprechung zur zerbrechlichen Vielschichtigkeit klimatischer Prozesse.
Die Geschichte von A23a als künstlerischer Leitfaden
Der namensgebende Eisberg A23a selbst ist nicht bloß Hintergrund, sondern Protagonist dieser Ausstellung. 1986 vom Filchner-Ronne-Schelfeis abgebrochen, verharrte er jahrzehntelang regungslos, bis er sich 2000 löste und von Meeresströmungen eingefangen wurde. Jetzt, im Jahre 2025, beginnt seine finale Reise – vorbei an South Georgia, in wärmere Gefilde, wo er zerbrechen und schmelzen wird. Die Metapher liegt auf der Hand: ein massiver Koloss aus Eis, geformt von Zeit und Wellen, geht dem Ende entgegen. Wie lange wird unser eigener Planet noch standhalten?
Mail Art als demokratische Ausdrucksform
Die Wahl des Mail-Art-Formats ist bemerkenswert. Es bricht mit elitären Ausstellungstraditionen und öffnet die Tür für eine partizipative, globale Kunstbewegung. Jede Einsendung – ob von Kindern, Laien oder Profis – ist Teil des Dialogs. Die Werke sind nicht nur Medium, sondern auch Message: eine kollektive Stimme gegen das Verschwinden der Polarregionen.
Kritische Würdigung
Die Ausstellung überzeugt nicht nur durch ihren thematischen Ernst, sondern durch die subtile Verknüpfung von Form und Inhalt. Die Dreiecksform, die Wahl von Papier als Medium, die Unwiederbringlichkeit der Einsendungen – all das korrespondiert mit der Vergänglichkeit des Eises und der Dringlichkeit des ökologischen Diskurses. Besonders clever: Das erste eingegangene Werk wird zum „Spitzenstück“ – buchstäblich die Spitze des Eisbergs – und erfährt besondere Aufmerksamkeit. Ein spielerischer Umgang mit medienstrategischen Mitteln.
Fazit
„A23a“ gelingt, was viele kunstbasierte Umweltprojekte anstreben: die Verschmelzung von Ästhetik und Aktivismus. Diese Ausstellung ist kein moralisierender Appell, sondern eine leise, visuell eindrucksvolle Einladung zum Mitdenken. Der Eisberg wird schmelzen – doch die Frage bleibt: Werden wir handeln, bevor auch unsere kulturelle Substanz zerrinnt?
»Speaking Icebergish« – Klimaprojekt A23A - Eine internationale Kunstinitiative der Art Collection Andersreich und der Galeria HMH
Kuratiert von Judith Sturm im Zeitraum 1.–15. August 2025, Galeri a HMH I Calle de sa Fabrica 11, Port Andratx (Mallorca) Eröffnung: Freitag, 1. August 2025, 13 –15 Uhr, Öffnungszeiten: Di - Sa 9:00 h - 16: 00 h.
Vom 30. August bis 30. September 2025 wird die Ausstellung auf dem Château de Monboucher (Frankreich) unter dem Ausstellungstitel „Glace Nomade – L'Iceberg A23a en Voyage“.präsentiert.
Die Liste der teilnehmenden Länder umfasst 36 Nationen:.Weißrussland, Belgien, Brasilien, Chile, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Indien, Iran, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Marokko, Mexiko, Malaysia, Mazedonien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Singapur, Slowakei, Spanien, Südafrika, Tschechien, Türkei, Ungarn, USA, Venezuela, Vereinigtes Königreich und Vietnam.
Liste der Teilnehmenden Künstler*innen:
Abdolreza Rabeti | Achim Schmacks | Alexandre Nicolas | Ali Salehi | Alina Abbaszadeh | Amir Ali Esmaeli | Amir Gohari | Ana Luisa Aravello Gomez | Ana Paula Barros | Anas Bouanani | Andia Nourali Zadeh | Andreas Kühn | Andreas Streicher | Angel Avello | Ania Ajami | Anisa Mostafa Zadeh | Anisa Pashazadeh Avval | Anke Vos | Anna Bogácsiová | Anne Weigert | Annette Behlau | Annie Roth | Arghavan Alipoor | Armin Fischer | Artian Hasani Zadeh | Artin Hosseyn Salimkandi | Artin Najafi | Artina Zolfi | Asma Ounine | Atilan Moaddeli | Ayli Vahedi | Aysa Basiri | Aysan Kafi Yazdi | Baran Asl Asadi | Barana Jebeli | Barbara Ihme | Behesht Samadi | Bérénice Beaurain-Carpentier | Berna (imagine par b) | Camille Sohyer | Carmela Sarcina | Carsten Westpfahl | Catherine Arre | Ceszre | Christiano Pallara | Christina Pérez | Claudia Sbrissa | Czeszre Duo | Daniel C Boyer | Daniela Klein | David Norbert | Deniz Afra | Deniz Mehri | Derya Avci | Diana Doosti | Diyana Taghizadeh | Dororta Kilichowska | Ed Hanssen | Edmond Dantes | Elay Rezaei Gharagozli | Elaroz Jabbari | Elena Seyedi | Elina Salmani | Elsa Gohari | Elsa Seyed Bagheri | Elsa Soleymani | Elsana Ahmadi | Elsana Heydari Shahin | Elsun Heydari | Elvin Allahyari | Enrique Fuentes | Farnaz Shoar | Fatemeh Karimi | Fidels Daughter | Florence Caré | Gerald Jauß | Gertie Meijers | Gisele Buntrock | Gloria Keh | Gülçin Kanar Şimşek | Hana Abdollah Pouryan Mavaneh | Hana Hossein pour | Hanna Najafi | Hasti Azmi | Hasti Baleshzar | Helen Safizadeh | Hengameh Hemati | Herma Deenen | Hoda Heydari | Iliya Norouzi | Ilya Afsharian Shishvan | Irén Vitos | Irena Paskali | Irina (Tall) Novikova | Iskandra Khan | Jade Diarra | Jana Conroy | Janan Mamaghani | Jaromir Svozilik | Jeanette Geissler | Judith Sturm | Julie Boehm | Justine Hennebert | Kasra Salek | Katarina Manderik | Keiichi Nakamura | Kiana Honarvar | Kiarash Kiavar | Kindle & González | Kouhyar Alipoor | Lars Schumacher | Leo Hainzl | Lilou Moerman | Lisa Boloma | Lola Murielle Couty | Lou Liska | Mahan Moaddeli | Mahdieh Hadinia | Mahdina Ghorbani | Mahora Jebeli | Mahsan Bahremand | Majon Wallis | Maks Dannecker | Mani Radin Fard | Manuela Merl | Marcel Heisig | Marcia Rosenberger | Maria do Carmo Both | Marie Boeynaems | Mario Liguigli | Mary Nash | Maryam Rahimi Pour Fanaei | Marzia Maria Braglia | Marzieh Zare | Maxima Maria Kinsky | Maysa Fekril | Mehan Farhadi | Mehraneghar Harasi | Melanie Bäreis | Melika Abdollahi | Melorin Heydari Naghadehi | Meral Ağar | Mersana Karimi | Michaela Kindle | Mirjam Voets | Mohamad Aghazad | Mohammad Amin Rahimi | Mohammad Rabieekia | Mona Kiefer | Monika K. Adler | Monika Vos | Muriel Verstichel (Eve Rst) | Myriam Muzeau | Nafas Mehri Shishvan | Nani Corina | Naserin Soleymani | Natalie Kolaric | Nathalie amie de Marie | Nathalie Roth | Nazanin Tahmazi | Nazende Yücel | Nazgol Jebeli | Nihal Roshan Far | Nika Charkhkar | Nilay Khandani | Niloofar Daryani | Océane Roth | Pablo Carreño Grendi | Parand Pahlavan | Parham Imani | Parla Azarnia | Peter Abajkovics | Petra Fenijn | Pinar Aghazad | Piotr Szreniawski | Pol Peiró Navarro | Poul Poclage | Pouneh Imani | Pransa Taghaddosi | Raha Mohamadiyan | Ralf Buchholz | Ramona Valipour | Rastin Karimi | Raul Jiménez Baiseno | Renata Danicek | Renata Lichańska-Mleczko | Reyhaneh Kazemi | Rittiner & Gomez | Roberto Scala | Roza Jalili | Rozhin Rikhtehgaran | Ruggero Maggi | Rolf Ohst | Ryosuke Cohen | Sabela Baña | Saghar Dolati | Salime Kaman | Sanam Nooralipoori | Sandra Buntrock | Saya Mohamad Nejad | Saya Rashidi | Sedna Ghahramani | Selda Mashayekhi | Selen Ghaffari | Sepideh Abedi | Shadi Heydar Pour | Shaghayegh Dolati | Shaylin Iranifar | Sibylle Möndel | Simon Warren | Simone Lukas | Soheila Sadeghi | Sonia Cabanas | Soroush Najaf Abadi | Soulan Torabi | Stephen Tomasko | Susan Gold Smith | Susanne Dagmar Olsen | Susanne Schumacher | Suzlee Ibrahim | Tanaz Kaveh | The Wasted Angel | Thorsten Frank | Thorsten Fuhrmann | Tim Davies | Tina Hashemzaee | Toan Vinh La | Tony Roth | Vera Maria Zapp | Veyan Nosrati | Viyan Mohammadi | Wojciech Czeronko | Wolfgang Faller | Yalda Abas Zadeh | Yasamin Amini | Yasamin Daryani | Yasna Saraeinia | Yukabod Javadi | Yuko | Zahra Firouzi | Zlatko Krstevski | _guroga |